Hallo liebe Expertinnen,
nach längerem unangemeldetem Mitlesen möchte ich Euch heute ein "eigenes" SD-Problem schildern und würde mich über Meinungen hierzu freuen.
Es geht um meine Mutter, 86, aber jünger wirkend..., der es in letzter Zeit vor allem "energetisch" schlechter geht. Sie ist 1993 wegen eines heißen SD-Knotens operiert worden, mit sehr wenig verbliebenem SD-Gewebe und Euthyrox-Medikation zuletzt zwischen 75 und 88 µg. In den Jahren 2000 und 2006 zwei Herzklappen-OPs, und 2017 ein chronisch entwickelter Verschluss eines Herzkranzgefäßes, der nicht wiedereröffnet werden konnte, bei dem sich aber kleinere Umgehungs-Kreisläufe im Herzmuskel gebildet haben, sodass es kein "Dauerinfarkt" ist, aber Wandbewegungsstörungen.
Die ganzen Jahre hinweg ist zur SD-"Therapiesteuerung" fast immer nur das TSH gemessen worden. Jahrelang schwankte der Wert um 1,6-1,8. Die Befindlichkeit war zumeist leidlich, aber wenigstens das, und man schob es auf das zunehmende Alter und zuletzt auf die Folgen des erwähnten Herzkranzgefäß-Vorfalls im letzten Herbst.
Erst im August 2018 fiel unter unveränderter Euthyrox-Dosis ein plötzlich fast verdoppelter TSH-Wert auf, diesmal 3,2, der auf meine Nachfrage nach der Verdoppelung hin als "weiterhin im Normbereich, bei Alten erst recht" abgekanzelt wurde, dennoch wurde von 75 auf 88 µg erhöht. Richtig schlecht geht es meiner Mutter seit 1-2 Monaten, mit erheblich verstärkter Abgeschlagenheit und Dauermüdigkeit, nachts aber schlechtem Schlaf, außerdem "Nebel im Kopf", Beinschwäche und schnellem Frieren. Allerdings auch Hitze-Intoleranz, hoher Blutdruck (oberer Wert) und rege Darmtätigkeit [nimmt aber viel Vivil-Pfefferminz mit Sorbit] daher nicht so ganz eindeutige Unterfunktions-Symptome.
Da ich selbst im Herbst letzten Jahres per Zufallsbefund "grenzwertige" SD-Antikörper präsentiert bekommen hatte [dazu würde ich in einem getrennten Post gerne auch noch etwas fragen], hatte ich mich genauer in das SD-Thema eingelesen, das ich um so schwieriger/komplexer finde, je mehr ich lese. Und die "Behandlung" meiner Mutter beim Hausarzt war genau so, wie so viele Foristinnen das beklagen – wegen angeblicher "Normalwerte" wurde sie trotz Beschwerden rigoros abgekanzelt. "Sie kann ja froh sein, überhaupt 86 geworden zu sein...", hieß es vorletzte Woche. "... trotz unserer schlechten Behandlung...", hat die Hausärztin allerdings nicht noch ergänzt...
Die Bestimmung wenigstens der freien Hormone wurde mit dem Hinweis auf den "Normalwert" des TSH ebenfalls abgelehnt. Daher haben wir die Werte jetzt im Labor als Selbstzahler bestimmen lassen inkl. der sündhaft teuren Antikörper, mit folgendem Ergebnis (vom 13.3.19):
Unter Euthyrox-Therapie mit 88 µg L-Thyroxin pro Tag seit dem letzten höheren TSH (3,2 im Oktober 2018, bis dahin 75 µg Euthyrox):
TSH 0,68 mU/l (Norm 0,27-4,2) = 34 %
fT3 1,6– pg/ml (Norm 1,8-4,6) = -7,1 %
fT4 1,75+ ng/dl (Norm 0,8-1,7) = 105,5%
rT3 ist nicht im Analyse-Spektrum des Labors.
TPO-AK 16 (Norm <34)
TAK 294 (Norm <115)
TRAK <0,8 (Norm <1,75)
VitD 11,3– ng/ml (Norm 30-100)
Entzündungswerte unauffällig.
Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium in der Norm.
Ferritin war bestellt, wurde aber vom Labor übersehen.
Letzte SD-Sonografie ca. 2014 mit minimalem, wohl homogenem Restgewebe.
Ich halte das für einen pathologischen SD-Labor-Befund, aber laut Hausärztin spielt das ja alles keine Rolle, denn "TSH ist normal, und ohne ein fT3/fT4-Tagesprofil(?!) haben die freien SD-Werte gar keine Aussagekraft". Tatsächlich sind die freien SD-Hormone in der Vergangenheit überhaupt nur ein weiteres Mal bestimmt worden, nämlich beim Nephrologen in 6/2016 während der Einnahme von 75 µg Euthyrox, mit ähnlicher Tendenz (fT3 1,7–, fT4 2,13+, TSH damals 1,31).
Wenn ich mich richtig belesen habe, deutet diese Befundkonstellation auf eine Konversionsstörung hin? – Was auch gut passen würde, weil meine Mutter seit Jahrzehnten Dociton (Propranolol) einnimmt, derzeit 120 mg/Tag, also just den Betablocker, der bei den Konversionshemmungen an erster Stelle steht.
Wie gesagt, geht es meiner Mutter seit etwa 6 Wochen zunehmend schlechter, und natürlich kann die Hausärztin recht haben, dass es eben das fortgeschrittene Alter ist. Aber ich mag nicht recht akzeptieren, die offensichtlich pathologischen SD-Werte nicht als (Mit-)Ursache wenigstens in Betracht zu ziehen.
Allerdings wird es bei der Betrachtung möglicher Therapieversuche jetzt problematisch, und das ist der Grund, weshalb ich Euch den Fall hier vorstellen und um Eure Meinung bitten möchte:
Ein Absetzen des Propranolols oder Umsetzen auf Metoprolol/Bisoprolol quittiert meine Mutter jedes Mal umgehend mit wochenlangen Pulsfrequenzen um 120 bpm, die aber innerhalb einer Stunde nach Wiedereinführen des Propranolols wieder auf 70-80 bpm sinken. Vielleicht hat sie sich über die Jahrzehnte zu stark an das Dociton mit der SD-Dämpfung(?) gewöhnt.
Meine Theorie wäre dann so, dass bei der oben zitierten Befundlage die Konversionsstörung dafür sorgt, dass nicht ausreichend fT4 in fT3 umgewandelt wird, sodass sich einerseits das fT4 etwas "staut" und zugleich möglicherweise eine relevante Menge rT3 entsteht, welches durch Verdrängung in den Geweben die schlechte T3-Versorgung noch verstärkt. Dies könnte dann auch die Befindlichkeitsstörungen erklären. Setzt man das Propranolol ab oder um, fällt die Konversionshemmung weg und es entsteht eine akute Hyperthyreose wegen der dann "plötzlich" zu hohen Substratmenge, die dann auch in T3 umgewandelt wird. (Aber kann das dann wirklich so schnell eintreten?) - oder wirkt die Konversionshemmung des Propranolols sowohl auf die T3- als auch auf die rT3-Bildung? Das wäre ja auch nicht abwegig und dann stimmt mit der obigen Interpretation mit dem verstärkten rT3-Einfluss etwas nicht.
Und jetzt kommen erst die Probleme:
1.) Ein Absetzen des Docitons/Propranolols oder auch nur der Wechsel auf einen anderen Betablocker führt – wie oben beschrieben – reproduzierbar zu Herzrasen (und Hitzezuständen usw.). Nach dem nicht mehr behebbaren Verschluss des Herzkranzgefäßes sind aber Herzbelastungen dieser Art um jeden Preis zu vermeiden, da lebensbedrohlich (in der Akut-Situation im Krankenhaus war es stressbedingt bereits zu einer akuten Pumpschwäche mit Lungenödem gekommen, was auf der Intensivstation incl. Druckbeatmung gerade noch in den Griff bekommen wurde). Ein Absetzen/Umsetzen des Docitons scheidet also aus, und deshalb kann man gegen die mutmaßlich vom Dociton verursachte T4/T3-Konversionsstörung wohl nicht viel unternehmen(?).
2.) Die zweite Therapie-Idee wäre der Einsatz von T3-haltigen Präparaten zum Ausgleich des gesehenen T3-Mangels. Allerdings werden in der Fachinformation z. B. zu Thybon sowohl ein Herzinfarkt als auch koronare Herzkrankheit in der Vorgeschichte als absolute Kontraindikationen für die Anwendung angegeben (im Gegensatz zu Euthyrox, wo dies nur "relative Kontraindikationen" sind). Der noch immer bestehende, irreversible Gefäßverschluss fällt hier wohl quasi "doppelt" in diese Ausschluss-Kategorie. Leider würde das dann ja auch die natürlichen (z. B. Schweine-)SD-Hormone betreffen, die dann auch ausscheiden müssten?
Ich bin hier jetzt ziemlich ratlos, weil beide sinnvollen "Angriffsmöglichkeiten" auszuscheiden scheinen.
Die Hausärztin hat ja schon bei der ganz schlichten Diskussion um die freien SD-Horme abgedreht - ich bin mir sicher, dass ich sie mit den obigen Punkten zu Konversionsstörungen usw. vollends überfordern würde. Auf der anderen Seite ist der Zustand meiner Mutter nicht so gut, dass ich sie ohne Risiko zu einem Endokrinologen schleifen könnte, insbesondere wegen des Stresses durch dortige fremde Umgebung / Hektik und zu befürchtende lange Wartezeiten (also genau das Stress-Szenario, das im Krankenhaus zur akuten Dekompensation geführt hatte).
Hättet Ihr aus Eurer SD-Praxiserfahrung hierzu eine Meinung / einen Kommentar oder kennt vielleicht sogar Fälle, die irgendwie ähnlich waren? - Ich wüsste im Moment nicht, was wir akut tun könnten, um eine weitere Verschlechterung zu verhindern oder ggf. für eine Entlastung/Besserung zu sorgen.
Ach ja, bitte noch ein Gedanke:
Im Vergleich zur derzeitigen 88-µg-Dosis Euthyrox waren die SD-Werte unter der vorherigen 75-µg-Dosis ähnlich und das TSH deutlich höher. Die Dosis-Erhöhung auf 88 µg hat also keine "Besserung" der eigentlichen SD-Werte ergeben, und auch nicht bei der Befindlichkeit. Wenn also die Dosiserhöhung von 75 auf 88 µg Euthyrox schon nichts (Positives) brachte, dürfte es jetzt doch kontraindiziert sein, es nochmals zu steigern, "weil es der Pat. schlecht geht"? Oder sollte man deshalb im Gegenteil vielleicht sogar wieder auf 75 µg hergehen [ggf. im ersten Schritt], denn eine unnötig hohe Dosis ohne Effekt muss ja auch nicht sein?
Ich bitte an dieser Stelle um Entschuldigung für diesen sehr langen Text, aber die Lage ist schwierig und auch etwas bedrohlich. Und zeitnah sehe ich auch keine Chance auf fachärztliche Hilfe.
Wenn Ihr über die oben gestellten Fragen hinaus noch Ideen oder Anregungen hättet, würde ich mich auch darüber freuen!
Vielen Dank für Eure Geduld und Grüße aus Hamburg
Klaus09
P.S.: Ich habe erstmal keine zusätzlichen Infos in mein Profil geschrieben, weil es hier ja im Moment nicht um mich geht.